IT-Infrastruktur in Afghanistan
Im Workshop IT-Strategie für Entwicklungsländer am Beispiel Afghanistan sprachen Dharlakshmi Ramsaroop-Yadav, Torsten Schlabach und Muhammad Aimal Marjan über die IuK-Infrastruktur in Afghanistan.
Dharlakshmi Ramsaroop-Yadav ist Studentin an der TU Berlin und Mitarbeiterin am Zentrum für internationale und interkulturelle Kommunikation (ZIIK). Sie informierte über die IuK-Situation an afghanischen Hochschulen:
Im Krieg wurden die meisten Bildungsinstitutionen zerstört, vor allem in der Hauptstadt Kabul. Die vorhandene Technologie ist auf altem Stand. Es fehlen Grundlagen wie Gebäude, Laboratorien, Strom, Fenster, Bücher, Tische und Stühle, technische Infrastruktur wie Computer, Internetanbindung und Kabel und Manpower: Organisatoren und Lehrkräfte.
Sie betonte die Wichtigkeit des nationalen Curriculum für den Aufbau der IT-Infrastruktur und der IT-Ausbildung, das zur Zeit entwickelt wird.
Torsten Schlabach, Interim CEO von Paiwastoon Networking Services, einem neu gegründeten, von Seed Investoren aus Deutschland und Afghanistan finanzierten Unternehmen, das die Nummer eins ("die Telekom") für B2B und Consumer E-Commerce in Afghanistan werden will, informierte weiter:
Es gibt in Afghanistan 2 private GSM-basierte Mobilfunknetzwerke. Sie decken alle größeren Städte ab und funktionieren in akzeptabler Service-Qualität.
In Kabul gibt es ein rudimentäres Festnetz, aber es spielt eine untergeordnete Rolle. Es gibt keinen landesweiten Backbone und keine breitbandige Anbindung an internationale Netze.
IT-Hardware ist in Basaren erhältlich, allerdings keine Spezialteile.
Es gibt viele "Computer Schools" aber praktisch kein Angebot an professionellen IT-Serviceswie Integration, Netzwerkinstallation, Rechenzentrumsbetrieb.
Schlabach stellte klar, dass "Wirtschaft in der Wirtschaft gemacht wird" und der Staat nur die Rahmenbedingungen schaffen solle, was insofern interessant ist, als das die afghanische Ökonomie noch zu großen Teilen vom Staat kontrolliert wird. Er forderte eine liberale Politik z.B. bei der Vergabe von Lizenzen.
Für die Zukunft wünschte er sich mehr Websites aus Afghanistan: Es gebe viele Websites über Afghanistan, aber wenige die aus Afghanistan kommen. Er betonte die Wichtigkeit, Menschen das Publizieren im Web beizubringen.
Weiter machte er einige Vorschläge für IT-Projekte in Afghanistan:
- Unicode für PHP
- Tools und Methoden für multilinguale Multimedia-Inhalte
- Linux in Pashto und Dari
- OCR / Handschriftenerkennung für arabische Schrift
Forschungsfelder sieht er in neuen Geschäftsmodellen in der Medienbranche und Mobilfunkanwendungen (Sprache und Daten) in dünn besiedelten und abgelegenen Gebieten.
Zum Ende der Vormittagssession sprach Muhammad Aimal Marjan, National IT Policy Advisor im afghanischen Ministerium für Kommunikation über die Ist-Situation der IT in Afghanistan und die Pläne der Regierung für die Entwicklung.
Das analoge Telefonnetzwerk besteht seit 1962. Es wird vom Kommunikationsministerieum, das auch den Postdienst betreibt, betrieben. Es ist in 8 Städten mit einer Kapazität von insgesamt 42000 Anschlüssen vorhanden. Es ist noch funktionsfähig aber in sehr schlechtem Zustand.
Ein digitales Netz wurde 2001 eingeführt. Es besteht in 4 Städten und hat eine Kapazität von 80000 Anschlüssen. Dieses Netzwerk läuft stabil, inter-städtische und internationale Verbindungen laufen über 4.5m VSATs. (Nein, ich weiß (noch) nicht, was das genau heißt. Das wichtige ist, dass die Städte nicht direkt per Kabel verbunden sind, sondern über Satellitenlinks verbunden
werden.)
Die Regierung will den Markt für Telekommunikation bis 2006 voll liberalisieren.
IT wurde in Afghanistan das erste mal 1973 genutzt, damals für die Berechnung der Außenhandelsbilanz, zur Verwaltung der Rentenkassen, zum AUsstellen von Rechnungen für Strom und andere Ressourcen, im Bankwesen, in der nationalen Statistik und für das Reservierungs- und Ticketingsystem der nationalen Fluggesellschaft ARIANA.
In der Universität tauchte IT zum ersten Mal 1992 in der Universität Kabul auf.
Probleme bei der Entwicklung der IT-Infrastruktur in Afghanistan machen die Sicherheit, die Armut, die Verfügbarkeit von Experten, das Bildungssystem, der politische Wille, die Finanzierung, die Verfügbarkeit von Energie und Strom, sowie die Akzeptanz in der Bevölkerung. Er betonte die Wichtigkeit von ausländischem Know-How, beklagte aber gleichzeitig, dass viele Länder "Experten" geschickt hätten, die offensichtlich nur in ihrer Heimat unfähig gewesen seien und daher nach Afghanistan "verschickt" worden sind. Send us your best people!
forderte er.