Giani / Schroeder: Seminarkonzept zur aktiven Teilnahme mit BSCW-Unterstützung

Eva Giani stellt ihr mit Ulrik Schroeder entwickeltes Seminarkonzept zur aktiven Teilnahme mit BSCW-Unterstützung vor.

Die Ausgangssituation:

In traditionellen Seminaren bzw. Proseminaren erarbeitet jeder Teilnehmer ein Referat zu einem im Vorfeld ausgeteilten Teilthema des Gesamtinhalts der Veranstaltung sowie eine schriftliche Ausarbeitung zu diesem Thema. Je nach Organisation werden die Vorträge der einzelnen Studierenden dann in wöchentlichem Rhythmus bzw. in einem Block allen Seminarteilnehmern präsentiert. Das Problem dieser Organisationsweise besteht darin, dass sich Studierende ausschließlich auf ihr eigenes Teilthema und ihren eigenen Vortrag konzentrieren. Die Themen der anderen Teilnehmer werden nur am Rand aufgenommen (passives Absitzen der Vorträge). Eine Diskussion zum aktuellen Thema im Anschluss an die Vorträge kommt in der Regel nicht zustande.Selbst wenn im Vorfeld eine Kurzfassung der Beiträge oder Handzettel ausgeteilt wird, findet keine Beschäftigung mit dem aktuell präsentierten Thema statt. Eine im Anschluss an den Vortrag nachgereichte Ausarbeitung wird von den Studierenden häufig nur überflogen und nicht intensiv durchgearbeitet.

Das Ergebnis:

  • Nicht alle Lernziele werden erreicht.

  • Die sozial-kommunikativen Lernziele werden verfehlt.


Das Problem liegt darin, dass sich die Seminarteilnehmer die Zielgruppe des Vortrags sind: Der Vortragende hält ihn für die Lehrperson (die ja auch Kontroll- und Bewertungsinstanz ist). Also knüpfen sie nicht an.

Dass das passieren wird, weiß der Vortragende schon vorher. Also bereitet er seinen Vortrag auch nicht didaktisch auf und wir haben einen schönen, sich selbst verstärkenden Regelkreis.

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(Vielen Dank an Frau Giani für das Zur Verfügung Stellen ihrer Folien.)

Ziel des Ansatzes ist es, beim Vortragenden ein Bewusstsein für die Zielgruppe zu schaffen: Die Zuhörer sollen involviert und eine aktive Mitarbeit erforderlich werden.

Der Ansatz kurz skizziert:

  1. Es wird eine Kurzzusammenfassung und kurze Aufgabe zum eigenen Thema gestellt
  2. Die Aufgabe muss von jedem Teilnehmer bearbeitet werden. Sie geben ein Statement ab und geben eine Rückmeldung an den Vortragenden.
  3. Der Vortragende nimmt die Rückmeldungen auf und integriert sie in den eigenen Vortrag

Im Vortrag können die Hörer so anknüpfen und Zwischenfragen stellen. Im Anschluss gibt es eine Diskussion.

Um den Ansatz durchzuführen wurde eine BSCW-Plattform eingesetzt. Für jedes Themengebiet wurde eine Ordnerstruktur angelegt, die die Seminarteilnehmer nutzen können, um Dokumente auszutauschen und online zu diskutieren. Die Seminarleitung nutzte Event-Monitoring um festzustellen, wenn Teilnehmer zu passiv waren und intervenierte dann.

Die Erfahrungen:

  • Das ganze macht mehr Arbeit für Dozenten und Teilnehmer, durch die didaktische Vorbereitung, das Aufschreiben der Zwischenergebnisse und den Mehraufwand durch die Schriftlichekti geführter Diskussionen (im BSCW)
  • Aber der Aufwand lohnt sich: Die Qualität des Seminars ist höher. Die Vortragenden sind stolz auf ihre Arbeit. Die Teilnehmer finden die Vorträge interessanter und angenehmer zu hören.

Schwierigkeiten sind

  • Das Einhalten des Zeitplans
  • Dass die Arbeiten den Charakter von Zwischenergebnissen haben (Statements zu anderen Arbeiten, unter Zeitdruck und nur als "Nebenprodukt" verfasst)
  • Dass das Endergebnis schwierig zu erfassen ist (weil Diskussionen nicht abgeschlossen sind.)

Die Diskussion im Anschluss des Vortrags ist merkwürdig: Ein Mensch verweist auf andere Forschung in München und bringt die Vortragende, die das als einen Angriff interpretiert, damit völlig durcheinander. Ein anderer erscheint enttäuscht, dass nur so "elementare" Technik eingesetzt wurde. Im übrigen wird über die Lizenzkosten von BSCW diskutiert (?).

Das Paper ist klar und verständlich. Leseempfehlung.

Eva Giani, Ulrik Schroeder: Seminarkonzept zur aktiven Teilnahme mit BSCW-Unterstützung. GI Jahrestagung (1) 2004: 424-428

# Martin Röll, 21.09.04, 16:04 Uhr.